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Rock Hard Festival 2012 - Freitag - Amphitheater Gelsenkirchen - 25.05.2012
Rock Hard Festival, die zehnte. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum an dieser Stelle an die Macher des vielleicht gemütlichsten Metal-Festivals in Deutschland. Zum Gratulieren sind neben 7.000 Fans, jeder Menge anderer geladener Gäste auch 22 Bands gekommen und wie jedes Jahr ist auch die 2012er-Auflage des Rock Hard Festivals eine überaus gelungene Party. Und das, obwohl in diesem Jahr die Kritik im Vorfeld lauter als üblich war. TURBONEGRO und W.A.S.P. als Headliner? Da rümpfte so mancher die Nase. Zu Unrecht, wie sich im Nachhinein sagen lässt. So manch einem war zudem die recht traditionell-metallische Bandauswahl nicht zeitgemäß genug - andererseits sind gerade diese Spielarten derzeit wieder total angesagt bei den Fans. Aber wie es nun mal so ist - allen recht machen kann man es nie und das wissen Götz Kühnemund und seine Mitstreiter natürlich ganz genau und buchen von vorneherein die Bands, auf die sie selber auch stehen.
Wie immer ist auch in diesem Jahr die Organisation des Festivals makellos und erfreulicherweise gab es im Vorfeld auch keine Missverständnisse bei der Wetterbuchung. An allen drei Festivaltagen fällt nicht ein Tropfen Regen, stattdessen scheint pausenlos die Sonne bei 25°C (oder auch ein bisschen mehr). Bei diesem Wetter gilt es, für viel Flüssigkeitszufuhr zu sorgen. Nach einer Preiserhöhung des ansässigen Gastronomen ist das aber eine teure Angelegenheit, für einen 0,4l-Becher zahlt man 3,50 € - egal, ob Bier, Cola oder Wasser drin ist. Happig. Für leichten Unmut sorgt auch die Verringerung des Speisenangebots, der Hamburgerwagen wird von nicht wenigen vermisst. Mehr Worte der negativen Kritik gibt es aber nicht zu äußern, weshalb wir uns nun den Hauptakteuren widmen können. Mitgebangt, mitgesungen und natürlich mitgeschrieben haben in diesem Jahr Lutz Koroleski (LK), Andreas Schiffmann (AS), Lars Schuckar (LS) und Andreas Schulz (ASZ), die Bilder haben Andreas und Andreas gemacht. Weitere Bilder von der Bühne gibt es bei Facebook:
Andreas Schiffmann
Andreas Schulz
Die ehrenvolle Aufgabe, das Rock Hard Festival zu eröffnen, obliegt schon beinahe traditionell einer Thrash-Metal-Band. In diesem Jahr sind es die aus dem Bergischen Land stammenden DEATHFIST und damit geht für Gitarrist Markus Wichmann ein Traum in Erfüllung. Das sieht man ihm deutlich an, selbst sein üppiger Bart kann das Grinsen, das ihm ins Gesicht gemeißelt scheint, nicht verbergen. Frontfrau Corinna Becker ist nicht minder gut gelaunt, auch angesichts der Tatsache, dass sich von Anfang an jede Menge Fans im Schatten vor der Bühne versammelt haben, um zum traditionellen Thrash Metal der Band die Fäuste zu recken und die Matten zu schütteln. Die Sängerin mit der derben Stimme ist wie immer sehr agil und kommuniziert viel mit dem Publikum, unter anderem sagt sie auch einen brandneuen Song namens "Splendour Of Death" an. Die Nummer reiht sich nahtlos in die Setlist ein, deren Höhepunkte "Deathfist", "Demons", "Slay Her" und "Booze Brigade" am Ende heißen. Für DEATHFIST ist der Auftritt auf jeden Fall ein Einstand nach Maß auf dem Rock Hard Festival. (ASZ)
JEX THOTH verzichtet abgesehen vom Umhang auf ihre üblichen Showelemente, denn Kerzen etwa ergäben bei Tageslicht wenig Sinn. Düster, fast rituell mutet ihr Gig dennoch an, wobei der zierlichen Künstlerin aus San Francisco zugute kommt, dass ihre männlichen Zuarbeiter keine blassen Komparsen sind, sondern ebenfalls Ausstrahlung besitzen. Dazu sind sie perfekt aufeinander eingespielt, was angesichts der dräuend schweren, oft karg arrangierten Kompositionen umso wichtiger ist. Der Sound ist eine Wucht aus tiefen Frequenzen, die Songauswahl lässt von "Stone Evil" über "Raven Nor Spirit" bis hin zu "The Raven Calls" keine Wünsche offen, aber eigentlich hätte sich die Dame, die mit ihrer wenig Konsens-fähigen Musik erstaunlich gut ankommt, doppelt so lange über die Bühne schlängeln können, gerne auch mit Songs ihres Projekts SABBATH ASSEMBLY denn neben KVELERTAK reißt am ersten Festivaltag keine Band so sehr mit – auch nicht der Headliner. (AS)
Im Anschluss an die betörende Jessica steht mit RAM die erste Real Metal Attack des Festivals an. Die schwedischen Traditions-Verfechter steigen mit den neuen Nummern "Defiant" und "Flame Of The Tyrants" vom aktuellen und vielgelobten Album "Death" in ihren Set ein, werden speziell zu Beginn aber um einiges ihrer Durchschlagskraft beraubt, da sie mit einem der schlechtesten Sounds des Festivals zu kämpfen haben. Könnte auch bei älterem Material wie "Awakening The Chimaera" die Stimme von Fistraiser Oscar Carlquist, der sich nur kurz hinter seiner dunklen Sonnenbrille versteckt, gerne etwas lauter sein, sind vor allem die Gitarren zu oft mit dem Prädikat "vom Winde verweht" behaftet. Während es auf den Rängen in der Nachmittagssonne recht träge bleibt, gelingt es der Band mit ihrem priestigen Stil und agiler Performance dennoch, die Reihen vor der Bühne mit der Zeit stärker zu füllen und die Stimmung mit Hymnen wie "I Am The End", "Under The Scythe" und vor allem der größten Mitgröhlnummer "Machine Invaders" anzuheizen. Zum Abschluss hat mit "Infuriator" noch ein weiterer Alt-Kracher von der allerersten EP den Weg in die Setlist gefunden, warum aber auch diesmal wieder mit "Suomussalmi (The Few Of Iron)" auf den geilsten RAM-Song überhaupt (der auch immer mit die besten Reaktionen ausgelöst hat, wenn er denn zum Zuge kam) verzichtet wird, ist einmal mehr ein Rätsel und lässt einen mit der Gewissheit zurück, dass der Göteburg-Fünfer doch noch einiges mehr kann. (LS)
Die Bruderschaft KRISIUN spielt hinterher zwangsläufig Standfußball, weil ihr überwiegend schneller Death Metal erstens sauber gespielt werden will und Bassist Alex Carmago durch seine Doppelbelastung als Sänger ans Mikrofon gebunden ist. Die Helligkeit nimmt dem in der Live-Situation für Uneingeweihte sowieso kaum fassbaren Material auch den letzten Vorzug, nämlich die finstere Atmosphäre, die es im kleinen Club heraufbeschwört. Auf Dauer stellt sich so Ermüdung ein, zumal die Sonne brennt wie Hölle. Außerdem ist die Band in natura zwar sympathischer wie beim Posen auf Bildern, aber die "Fuck"-schwangeren Ansagen und "Wir haben uns alle lieb, auch wenn wir bis über die Ohren im Szene-Arsch stecken"-Floskeln gehen schnell auf den Geist. In diesem Ambiente wirken teuflische Verheißungen wie "Black Force Domain" und "Combustion Inferno" oder im brasilianischen
Großstadtmoloch ersonnene Fantasien zwischen Nietzsche und Darwin ("The Will To Potency") schlichtweg fehl am Platz. (AS)
Für die Berichterstattung über KVELERTAK ist eigentlich Kollege Koroleski vorgesehen, der findet die Band aber live "genauso langweilig wie auf Platte". Gut, dass er mit dieser Meinung an diesem Tag wohl relativ allein dasteht. Vor und auf der Bühne bricht nämlich die sprichwörtliche Hölle los, die unfassbare Energie, die die Norweger entfesseln, lässt niemanden kalt, von Herrn Koroleski mal abgesehen. Egal ob Sänger, Gitarrist, derer drei bei KVELERTAK aktiv sind, oder Bassist - jeder springt wie von der Tarantel gestochen über die Bühne. Kein Wunder, dass sich Frontbrüller Erlend Hjelvik schon nach einem Song seines Shirts entledigt und erst mal ein (kaum) erfrischendes Bad in der Menge nimmt. Die aus 12 Songs bestehende Setlist hat sogar eine komplett neue Nummer zu bieten, ansonsten prügeln sich die Necro-Rock'n'Roller mit gutem Sound durch die elf Songs ihres famosen Debütalbums. Und wie man Göttergaben wie "Ulvetid", "Fossegrim" oder "Blodtørst" nicht völlig überragend finden kann, ist ein Rätsel. Gut, wenn man die Band zum ersten Mal sieht bzw. hört, wird man wohl seine Schwierigkeiten damit haben, die Nummern voneinander zu unterscheiden, aber das wiegt wohl weniger schwer als die Tatsache, dass KVELERTAK ihre Spielzeit nicht ausnutzen und 15 Minuten zu früh von der Bühne gehen.
Das tun im Übrigen auch die Headliner des Abends, denn um 22:45 Uhr ist Schluss mit TURBONEGRO, die zuvor eine solide Show spielen. Tight gezockter Punk'n'Roll, garniert mit der rauen Stimme von Neu-Sänger Tony Sylvester, dem ehemaligen Leiter der Londoner Turbojugend, wie die lokalen Fanclubs der Norweger heißen. Vergleiche mit seinem Vorgänger Hank von Helvete bleiben mangels Kenntnis desselbigen aus, man hört jedoch, dass der neue Sänger deutlich rauer klänge. Und sind TURBONEGRO nun ein würdiger Headliner für das Rock Hard Festival 2012? Jein. Der Sound ist so, wie es sich für die letzte Band des Abends gehört, das Publikum macht prima mit und ist guter Stimmung. Bei den bekannteren Songs "Age Of Pamparius", "Are You Ready For Some Darkness?" und natürlich "I Got Erection" geht es sogar richtig gut ab. Klar ist aber: man muss sich auf die Band einlassen, dann kann man auch viel Spaß an diesem Abend haben. Ist man nah genug an der Bühne, sieht man, dass die Band auch optisch einiges hermacht - besonders der schmollmündig-androgyn wirkende Gitarrist, der zumeist links agiert, passt bestens zum homoerotischen Flair, das die Band gerne versprüht. Ingesamt eine unterhaltsame, wenn auch nicht überragende Angelegenheit. (ASZ)